Nach 75 Jahren musste eine der ältesten europäischen
Fluggesellschaften ihren Flugbetrieb einstellen, obwohl das Ende
dieser historischen Airline über lange Zeit absehbar war.
Alitalia wurde am 16.9.1946 als zweite italienische Fluggesellschaft
nach Linee Aeree Italiane SpA gegründet.
Eigentlicher Name der Gesellschaft lautete Aerolinee Italiane Internazionali.
Die Gründung war möglich weil die britische BEA, die italienische
Regierung und private Investoren entsprechende Interessen und Gelder
bereitstellten.
Am 5.5.1947 wurde der Flugbetrieb begonnen, wobei je vier Avro 691
Mk.III Lancastrian, Fiat G.12 CA und Savoia Marchetti SM.95C zum
Einsatz gelangten.
Ein Jahr später kam je eine weitere Avro 691 Mk.III, Savoia
Marchetti SM.95C, fünf Fiat G.12 LB und eine Avro Anson hinzu.
Die ersten Ziele waren Turin, Catania, Kairo, Tripolis, Lissabon
und Oslo. Im selben Jahr führte man mit einer Lancastrian einen
Flug nach Buenos Aires durch, mit Zwischenstopps in Dakar, Rio de
Janeiro und Sao Paulo.
Kurz darauf kam die Strecken nach Eritrea und Mogadischu hinzu.
Als 1950 ein Flottenwechsel Anstand und die ersten von neun Douglas
DC-4, bzw. C-54 eingeführt wurden, musterte man die alten Props
aus. Drei Jahre später kamen Douglas DC-6 und Convair CV-340
/ -440 hinzu.
Überlegungen seitens der italienischen Regierung beide Fluggesellschaften,
LAI - Linee Aeree Italiane SpA und Alitalia, welche nicht gerade
gewinnbringend arbeiteten zu verschmelzen, scheiterten an den unterschiedlichen
Anteilseignern.
Erst durch umfangreiche Transaktionen war der Weg frei und LAI wurde
am 1.11.1957 mit Alitalia fusioniert.
Der Name Linee Aeree Italiane SpA wurde nicht weitergeführt,
jedoch übernahm man die Douglas DC-3 und DC-6, sowie die Vickers
Viscount.
Das gemeinsame Streckennetz umfasste nun rund 81000 Kilometer. Um
die bevorstehenden Aufgaben gut bewältigen zu können schaffte
man sich in den nächsten zwei Jahren sechs Douglas DC-7C Seven
Seas an.
Über längere Zeit gesehen war der Langstreckenbetrieb
nicht effizient und konkurrenzfähig, weshalb Alitalia 1960
mit dem Erwerb der ersten Douglas DC-8 ins Jetzeitalter einstieg.
Es sollten in den nächsten Jahren noch weitere 23 Maschinen
dieses Typs folgen.
Das Streckennetz konnte hiermit nach Australien, Karatschi, Bangkok
und Djakarta ausgedehnt werden.
Auch im Kurz- und Mittelstreckensektor war man nicht untätig,
denn ebenfalls ab 1960 wurden die ersten vier Caravelle gekauft.
Von diesem Flugzeugtyp besaß Alitalia insgesamt 21 Maschinen.
Zu diesem Zeitpunkt war die italienische Staatslinie auf allen bedeutenden
europäischen Flughäfen anzutreffen.
Im November 1960 gründete Alitalia ihre Tochtergesellschaft
Societa
Aerea Mediterranea SpA, kurz SAM.
Sie erhielt abgelegte Flugzeuge von der Muttergesellschaft und führten
vorerst Charteraufträge und Flüge innerhalb Italiens durch.
Weiterhin verlegte Alitalia 1961 die Aktivitäten vom alten
Flughafen Rom-Ciampino zum neuen Flughafen Rom-Fiumicino.
Am 13.12.1963 gründete Alitalia für den Inlandverkehr
eine weitere Tochtergesellschaft zu deren Gunsten SAM im Jahr 1977
aufgelöst wurde. Es war Aereo
Transporti Italiani, kurz ATI,
welche vom Airport in Neapel mit Fokker-27 und später mit Douglas
DC-9 den Flugverkehr aufnahm.
Bis 1969 war die gesamte Flotte der Alitalia auf Jets umgestellt,
denn bis zu dieser Zeit waren auch die auf Frachter umgerüsteten
Douglas DC-7 C ausgemustert.
Zwischen 1967 und 1970 Stand eine weitere Flottenerneuerung an.
Für den Ersatz der Caravelle kamen die ersten Douglas DC-9-32
und für die Douglas DC-8 die ersten Großraumjets in Form
der Boeing B-747-100 und-200.
Während dieser Zeit änderte man das Corporate Design von
Grund auf.
Vom erstgenannten Flugzeugtyp besaß Alitalia insgesamt 46
Stück und von den Jumbos 19 Stück. Die Boeing B-747 Langstreckenflotte
wurde ab 1973 noch mit acht Douglas DC-10 ergänzt.
Ab 1976 nahmen insgesamt achtzehn Boeing B-727-200 ihren Dienst
bei der Gesellschaft auf. Vier Jahre später wurde der Airbus
A-300 als weiterer Großraumjet eingeführt.
Nicht zu vergessen die insgesamt sieben SIAI-Marchetti SF.260C,
welche zwischen 1980 bis 1997 im Einsatz standen.
Am 20. März 1981 gründete Alitalia und deren Tochterunternehmen
ATI eine weitere Tochter, die Aermediterranea
um die Streckenrechte der zuvor in Konkurs geratenen Itavia zu übernehmen.
Dies geschah auf Weisung des italienischen Transportministeriums.
Diese Gesellschaft bestand aber nur vier Jahre bevor sie am 1.4.1985
in ATI integriert wurde.
Es sei an dieser Stelle schon einmal erwähnt, dass Alitalia
seit den Fünfzigern immer wieder vom Staat subventioniert und
saniert wurde.
Ab 1990 stand ein erneuter Flottenwechsel an, was die Douglas DC-9-32
und Boeing B-727 betraf. Diese wurden sukzessiv durch die McDonnell
Douglas MD-82 ersetzt, welche mit letztendlich 90 Exemplaren das
Hauptmuster im Kurz- und Mittelstreckenbetrieb werden sollte.
Die Douglas DC-10 wurden durch McDonnell Douglas MD-11 ersetzt.
Von Mitte der neunziger Jahre bis zur Jahrtausendwende ging es mit
den Flugzeugkäufen bei Alitalia Schlag auf Schlag.
Ab 1994 Airbus A-321, 1995 Boeing B-767 und ein Jahre später
Aerospatiale ATR-42 und -72. Von den beiden letztgenannten flogen
viele von ihnen bei der neu gegründeten Alitalia Express.
Gefolgt von Airbus A-320 und Boeing B-767 im Jahr 1999.
Damit war die Flottenerneuerung jedoch noch nicht abgeschlossen,
denn ab 2002 kamen Airbus A-319, sowie Boeing B-777 zur Flotte.
Durch diese ganzen Flottenumstrukturierungen geriet Alitalia immer
tiefer in die Schulden und der Staat musste zum wiederholten Mal
unterstützend eingreifen.
Trotzdem hörten die Flugzeugkäufe nicht auf. Eigens für
die ins Leben gerufenen Alitalia Cityliner und Alitalia Express
wurden von 2000 bis 2013 insgesamt zehn Bombardier CRJ-900, 14 Embraer
ERJ-145, sechs Embraer ERJ-170, 15 Embraer ERJ-175 und fünf
Embraer ERJ-190 angeschafft.
Weiterhin leaste man ab 2009 – 2015 vierzehn Airbus A-330-200.
Wie sich im Nachhinein herausstellte hatte Alitalia bis zu diesem
Zeitpunkt über eine Milliarde Euro Schulden angehäuft.
Die ersten Konsequenzen waren Gehaltskürzungen für die
Belegschaft und dem Vorstand.
Der zweite Schritt war die Zersplitterung der Alitalia. So gingen
20% an die Poste Italiane, an zwei italienische Banken rund 33%
und Ethiad Airways 49%.
Das neue Konsortium stimmte eine umfangreiche Sanierung der Gesellschaft
zu. Angefangen wurde mit der Einführung eines neuen Corporate
Designs ab 2015.
Innerhalb der nächsten zwei Jahre wurden weitere Verluste eingefahren,
so dass das Management beschloss am 2.5.2017 in die Insolvenz zu
gehen. Die Folge war ein Überbrückungskredit von insgesamt
900 Mio. Euro durch die italienische Regierung.
Das lange Sterben der Airline verschärfte sich noch durch die
Coronakrise ab 2020. Der Schuldenberg wuchs auf 12 Milliarden Euro
an, so dass die Investoren und die Regierung die Reißleine
zogen.
Am 10. Oktober 2020 wurde der Grundstein für eine umfangreiche
Umzustrukturierung gelegt, wo auch das Ende der Alitalia und deren
eventuelle Nachfolgegesellschaft beschlossen wurde.
Das endgültige Aus für Alitalia kam am 14.10.2021. Der
letzte Flug fand am gleichen Tag von Cagliari nach Rom statt.
Schon einen Tag später nahm die Nachfolgegesellschaft Italia
Trasporto Aereo S.p.A., kurz ITA Airways ihren Flugbetrieb von den
Flughäfen Rom-Fiumicino und Mailand-Linate auf.
Fest steht jedoch, dass Alitalia weltbekannt war. Das war auch darauf
zurückzuführen, dass die Päpste die Airline für
ihre Reisen rund um den Globus nutzten.
Im Netz findet man oft die Aussage, dass die Aktionäre die
Insolvenz beschlossen hätten, weil die Mitarbeitenden die Sanierungspläne
ablehnten.
Es kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Belegschaft
schon Lohnkürzungen hingenommen haben und dass die Belegschaft
nicht das Unternehmen geleitet hat, sondern die Manager mit ihrer
unbestreitbaren Unfähigkeit, welche Alitalia in das absehbare
Ende führten!
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